Die Legosteine sind gerade aussortiert, der Duft seiner vollen Windeln ist auch erst kürzlich verflogen, so kommt es mir zumindest vor. Da steht er plötzlich mit nacktem, erkennbar durchtrainierten Oberkörper – und einer süßen blonden Teenagerin im Arm, im Türrahmen und grinst, wie ein Honigkuchenpferd.

Diese Situation kennen vermutlich alle Mütter 15-jähriger Baggypants tragender Teenagersöhne. Sie träumen davon, Instagram-Millionäre zu werden, oder eine steile Karriere im gut bezahlten Nichtstun anzustreben.

Soweit so gut. Allerdings hat die Sache einen Haken. Denn ich hätte schwören können, dass die Teenagerin, die letzte Woche mit ihm in selbiger Pose im Türrahmen stand, braunhaarig war und Brillenträgerin. Ganz zu schweigen von der Sommersprossigen, die er an Ostern angeschleppt hat, und die ihm dann an Pfingsten den Titel des miesesten Arschlochs ever verliehen hat. So etwas will keine Mutter hören.

Das ist Chloe – Chloe, meine Mom!

Diese Mom, die ich heute, dank seiner hervorragenden Laune bin (üblicherweise bin ich die Wann gibt’s Essen oder die Ey chill doch), gafft ihn nur sprachlos an – und kann sich ziemlich sicher sein, dass sie heute Abend genau dafür mit provokativer Ignoranz gestraft wird. Aber gegessen werden will trotzdem!

Hätte es mir nicht die Sprache verschlagen, hätte ich das Mädel vermutlich darauf angesprochen, wo denn ihre Brille sei und ob sie sich nun als Blondine wohler fühle, was mein Sohn wohl als endgültige Kriegserklärung verstanden hätte.

Der Junge sieht gut aus und hat Charme. Und das weiß er. Schon als er klein war, wickelte er sämtliche Tanten, Erzieherinnen und Lehrerinnen um den Finger. Damals hat es mein Herz höher schlagen lassen, wenn die verzückten Damen, die ihn so unheimlich charmant fanden, sich um ihn herum versammelten und darüber philosophierten, wie er wohl in ein paar Jahren auf Frauen wirken würde. Es schien gerade so, als wäre es wünschenswert, für den süßen kleinen Mann, ein Herzensbrecher zu werden. Dass sie heutzutage, wenn sie Pech hatten, die Herzen ihrer eigenen Töchter kitten müssten, daran haben sie offenbar damals keinen Gedanken verschwendet.

Mal im Ernst, es ist wirklich nicht leicht, diesen hormongeladenen, jungen Menschen zu verstehen, der seine Interessen schneller wechselt, als man gucken kann – ganz im Gegensatz zu seinen Socken. Und natürlich es ist erschreckend zu erkennen, dass der ambitionierte Fortnite – King, quasi über Nacht zum Bauchfrei liebenden Casanova mutiert ist. Da wünscht man sich doch glatt die Trotzphasen eins bis siebenundzwanzig zurück.

Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, auch die Casanova-Phase geht sicherlich bald vorüber!


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