Kinder, so hört man überall, sollen das schönste auf der Welt sein. Ich hatte Anfang 20 einen sehr großen Wunsch danach eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Deswegen hatte ich, vielleicht unbewusst, einige Beziehungen in denen meine Partnerinnen bereits eigene Kinder hatten.

Ich mochte immer sehr die Zeit die man mit den Kindern verbracht hat. Man konnte selbst zum Kind werden ohne das jemand einen komisch angesehen hat. Trotzdem war ich nach jeder Beziehung auch ein wenig dankbar, dass mit dem Ende der Beziehung auch eine Verpflichtung endete, die ich ja quasi freiwillig auf mich genommen habe. Ich wollte niemals ein Ersatzvater sein, aber natürlich waren gewisse Verantwortungen im Alltag selbstverständlich. Das alles änderte sich schlagartig 2009 mit meinem Umzug nach Berlin und dem Beginn meiner Selbständigkeit. Ich hatte aus keiner meiner alten Beziehungen ein Kind hervorgebracht und ging mit 25 in die Bundeshauptstadt.

Auf dem Weg zum Familienwunsch …

In meinen ersten beiden Jahren in Berlin konzentrierte ich mich mehr oder weniger auf mich selbst und meine Selbständigkeit. Und ich lernte zum ersten Mal die Freizeit zu schätzen, für die einzig und allein nur ich verantwortlich war. Berlin hatte soviel zu bieten und war eine Art Schutzzone in der ich mich künstlerisch ausprobieren konnte. Neben meinen beruflich und künstlerisch, kreativen Tätigkeiten opferte ich meine Zeit unter anderem für musikalische Projekte. Stück für Stück zog es mich jedoch in einen Strudel aus Terminen und Verpflichtungen. 2011 lernte ich erneut eine Frau mit Kindern kennen und merkte auch hier, dass Freizeit und Familie etwas Kostbares sind.

Trotzdem hatte es immer einen Beigeschmack. Es waren eben niemals meine Kinder und es war niemals gänzlich meine Verantwortung. Auch wenn ich mit den Kindern zum Fußballtraining ging, oder sie von der Kita abgeholt habe, war stets das Wissen da, dass es nicht meine Kinder sind. Ich möchte das hier nicht abwerten und ich denke es gibt genug Menschen, die dieses Konzept mögen und mit Ihrer Patchwork-Familie glücklich sind. Mir hat hier stets etwas gefehlt. Es war nichts Halbes und nichts Ganzes und nicht selten gab es Streit und Diskussionen mit den richtigen Vätern, die sich ersetzt oder umgangen gefühlt haben.

So richtig bereit fühlt man sich nicht

2013 lernte ich meine jetzige Frau kennen. Sie war in meinem Alter, hatte keine Kinder und die gleichen Interessen. Bei den ersten Dates war es ein völlig neues Erlebnis – wieder einmal spontan und ungebunden – mit seiner Zeit umgehen zu können und ohne zeitliche Limitierung zu planen. Wir entdeckten beide neue Interessen und den Wassersport für uns. Wakeboarden, Kitesurfen, Stand Up Paddlen. Wir planten Kurztrips an die Ostsee oder hielten Ausschau nach interessanten Orten in der Welt, die sich mit Kitesurfen verbinden lassen. Wir waren stets daran interessiert neue Orte zu entdecken und Menschen zu treffen, die dem gleichen Hobby nachgingen. Kinder waren für uns erstmal keine Option. Klar wollten wir später einmal Kinder haben, aber beim Gedanken an ein Kind, war uns immer klar, dass wir die Freiheit, so wie wir sie gerade erleben, abhaken können. So hieß es eigentlich ständig, wenn uns Freunde oder Familie fragten, dass wir so in 2-3 Jahren mal über Kinder nachdenken würden.

Aber so richtig bereit fühlten wir uns dafür nicht. 2015 entschieden wir uns dafür, uns einen Hund zuzulegen. Das war für uns schon etwas Besonderes. Plötzlich gibt es da ein Lebewesen, das die Aufmerksamkeit einforderte und, das man nicht auf Pause stellen – oder wie einen Termin verschieben konnte, wenn es einem nicht passte. Anfangs noch mit Unsicherheiten verbunden, lernten wir schnell, dass uns im Alltag etwas fehlte, wenn wir sie mal nicht mitnehmen oder einbinden konnten. Immer mehr Gespräche endeten mit dem Fazit: „Ein Hund ist gar nicht so viel anders, als ein Kind“. Natürlich gibt es da noch eine Menge Unterschiede und ich möchte das gar nicht gleichstellen. Trotzdem gab es immer wieder Parallelen zu den Erzählungen von befreundeten Eltern.

Hündin Caya auf unserem Boot
Das ist unsere Caya. Auch sie fühlt sich auf dem Wasser ziemlich wohl. (Bild: © Daniel Bandke)

Ein Satz, der alles verändert: “Ich bin schwanger”

Erziehung, Ernährung, Zeitplanung. Das waren alles Themen, die uns vertraut waren. Trotzdem wussten wir, dass es ein anderer Alltag sein wird. Der Hund kommt mit ins Büro, ist stubenrein und verbringt auch mal 5 Stunden zu Hause, wenn es denn sein muss. So oder so gab es immer eine Menge Gründe, warum ein Kind gerade eben nicht in unsere Planung passt. Das hätte sich vermutlich auch nicht geändert, wenn es im April 2019 nicht plötzlich geheißen hätte „Ich bin schwanger“. Wir haben uns beide wahnsinnig gefreut. Dennoch gab es auch Stimmen in unseren Köpfen, die uns Fragen gestellt und Zweifel gestreut haben. „Ist das nicht zu früh?“, „Geht das finanziell überhaupt?“, „Und was ist mit unseren Hobbies?“.

Genau an diesem Punkt möchte ich mit dieser Rubrik ansetzen. Denn um ehrlich zu sein. Ich weiß es nicht. Und dennoch freue ich mich auf das, was da kommt. Es soll ein Erfahrungsbericht sein, der mich begleitet auf dem Weg zwischen Freizeit und Verpflichtung. Zwischen gemeinsamen Urlauben und verworfenen Plänen. Und vor allem soll es einen Einblick darin geben, wie man mit Kindern die Welt neu entdeckt.

Passen Leben und Familie unter einen Hut?

Denn bereits einen Monat später, im Mai, haben wir uns dazu entschlossen ein Motorboot zu kaufen. Wir hatten Glück, denn es war das Angebot eines älteren Ehepaares die am gleichen Steg lagen, wie Freunde von uns. Diese informierten uns gleich und wir sahen uns das Boot einmal unverbindlich an. Es war in keinster Weise geplant, aber es hat sich angeboten und lieferte gleich alles, was man an Infrastruktur brauchte. Das entscheidende Argument war allerdings nicht die Vorstellung, dass unser Haar im Wind bei Sonnenuntergang wehte, sondern die Aussage des Ehepaares, das sie Ihre Kinder und sogar die Enkelkinder auf dem Boot haben aufwachsen sehen. Sie kauften das Boot als sie selbst noch ein junges Paar waren. Nämlich vor 36 Jahren. Das Boot ist ein Jahr älter als ich es bin. Sie brachten Ihren Kindern und Enkelkindern den Umgang mit Wasser und das Schwimmen bei und boten Ihnen eine völlig andere Erfahrung als ich sie hatte.

(Bilder: © Daniel Bandke)

Ich bin nicht mit dem Wasser aufgewachsen – und dass ich das Wasser bzw. den Wassersport so sehr mag, entdeckte ich erst als ich nach Berlin zog. Aber nun hat meine Tochter diese Möglichkeit, die ich so nicht hatte. Diese Vorstellung weckte etwas in mir. Plötzlich freute ich mich darauf, dem Kind alles zu zeigen. Ich konnte es plötzlich gar nicht schnell genug erwarten. Ich malte mir aus, wie es auf dem Boot aufwächst, wie es schwimmen lernt und habe gleich weitergesponnen. Wenn es schwimmen kann, dann kann es ja auch fast schon Kitesurfen, und mit uns Wassersport machen. Und plötzlich schwenkte die Angst, dass wir unseren Hobbies nie wieder nachgehen können um in eine Freude. Eine Freude, die eigenen Hobbies mit der Familie zu verbinden und viele Dinge mit meinem Kind zu erleben. Vor allem aber meinem Kind dabei zuzusehen, wie es mit all diesen Erfahrungen aufwächst und für sich selbst daraus seine eigenen Interessen formt.

Die Geburt unserer Tochter

Inzwischen ist unsere Tochter auf der Welt. Sie ist noch wahnsinnig zerbrechlich und weit davon entfernt zu verstehen, was um sie herum passiert. Ich weiß nicht, ob sie Interesse an Wassersport oder Musik entwickeln wird. Ob sie ein Instrument spielen möchte oder etwas Kreatives macht. Vielleicht ist das alles uninteressant für sie. Aber ich möchte ihr die Möglichkeit geben, es für sich selbst zu testen und dann zu entscheiden. Bis dahin werden noch ein paar Jahre vergehen. Und genau diesen Weg – und die damit verbundenen Erfahrungen – möchte ich gerne teilen und anderen Mut machen, etwas so Wundervolles für sich selbst mit zu erleben…


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Mit Kind und Segel,