Der Mammutmarsch – Ein Kraftakt für Körper und Seele

Der Frühling ist angebrochen und die Natur erwacht zu neuem Leben. Doch für Anna bedeutet diese Jahreszeit noch viel mehr als nur wärmere Temperaturen und blühende Landschaften. Es ist die Zeit, in der sie sich einer ganz besonderen Herausforderung stellt – 55 km Extremwandern beim Mammutmarsch. Doch Anna ist nicht nur eine ambitionierte Wanderin, sondern auch eine junge Mutter, deren Geschichte von Mut, Durchhaltevermögen und dem Streben nach persönlicher Erfüllung erzählt.

Heute ist ihr kleiner Sohn Jonas bereits 6 Monate alt und wächst und gedeiht prächtig. Obwohl er als Frühchen nicht immer dieselben Entwicklungsschritte wie andere Babys macht, hat er alles gut überstanden und erfreut sich bester Gesundheit. Mit stolzen 9 kg ist er kein “kleiner” Sonnenstrahl mehr. Während sich Anna körperlich gut erholt hat, spürt sie noch immer die Auswirkungen ihres veränderten Hormonhaushalts. Doch es sind nicht nur die körperlichen Aspekte, die Anna beschäftigen.

Eine traumatische Schwangerschaft und Geburt ihres Babys veränderte für Anna alles

Die traumatischen Erinnerungen an ihre schwierige Schwangerschaft und Geburt tragen noch immer eine gewisse Ambivalenz in sich: Denn neben der Freude wurden diese Momente von Erschöpfung, Frust und großer Angst begleitet. Während des 1.Trimeons begann die körperliche Talfahrt für die junge Ärztin. Nach einer therapieresistenten Dauerübelkeit verlor sie 6 kg und war nur noch erschöpft. Die üblichen Wehwehchen wie Rückenschmerzen, Muskelkrämpfe, Verstopfung, Schlaflosigkeit und Stimmungsschwankungen begleiteten sie zusätzlich von Anfang an.

Ab der 30. Schwangerschaftswoche bestand Annas sonst so lebhafter Alltag aus Bettruhe, da durch eine Zervix-Insuffizienz die Gefahr einer Frühgeburt bestand. Doch damit nicht genug, denn ab der 32.SSW quälte sie ein Ganzkörper- Juckreiz. Zwei Wochen später wurde eine Schwangerschaftscholestase (schwangerschaftsspezifische Lebererkrankung) diagnostiziert, so dass sie ab 34. SSW hospitalisiert werden musste. 5 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin kam es zu einem vorzeitigen Blasensprung mit Fruchtwasser Entzündung, Einleitung der Geburt und ganzen 60 Stunden Wehen! Während der Geburt verlor Anna über 2 Liter Blut und schlitterte nur ganz knapp an der Intensivstation und an einem noch größeren Drama vorbei.


Ich liebe mein Kind über alles und bin sehr froh, dass ich Mutter geworden bin. Aber ich bin auch mehr als das, denn ich bin Frau und Mensch!

– Anna, Ärztin und Mutter

Mutter und Frau im gleichen Körper

In den ersten Tagen nach der Geburt war Anna so sehr mit ihrer neuen Rolle als Mutter beschäftigt, dass die Erinnerungen an Schwangerschaft und Geburt vorerst in den Hintergrund rückten. Doch nun, einige Monate später, holen sie sie wieder ein. Wie ein nagendes schlechtes Gewissen, weil sie die Schwangerschaft nicht so genießen konnte, wie es von ihr erwartet wurde und wie sie es sich selbst immer vorgestellt hatte. Schwangere Frauen werden oft als lächelnde und glückliche Menschen dargestellt, doch selten wird thematisiert, dass diese Zeit auch von anderen Emotionen begleitet sein kann.

Anna ist es wichtig, darauf aufmerksam zu machen: “Ich liebe mein Kind über alles und bin sehr froh, dass ich Mutter geworden bin. Aber ich bin auch mehr als das, denn ich bin Frau und Mensch!”, so die gebürtige Münchnerin. “Und das ist auch der Grund, warum ich mir zeigen will, dass mein Körper, Geist und Seele zu soviel mehr im Stande sind!”.

Der Mammutmarsch als Bewegung für die Seele

Die Idee, am Mammutmarsch teilzunehmen, entstand aus Annas Liebe zur Natur und ihrer Leidenschaft für das Spazieren und Wandern. In der Bewegung im Freien kann sie ihre Gedanken und Gefühle sortieren und für einen kurzen Moment die Sorgen vergessen. Ursprünglich hatte sie sich bereits im Jahr 2021 für den Münchner Mammutmarsch angemeldet, doch die Veranstaltung wurde aufgrund der Pandemie abgesagt.

Nach der Geburt suchte sie nach Motivation, um wieder fit zu werden, und erinnerte sich im Dezember daran, dass sie noch einen Gutschein für einen Mammutmarsch hatte. Sie überprüfte die kommenden Events und fasste einen klaren Plan: Bis Ende März wollte sie fit genug sein, um die 55 km lange Strecke zu bewältigen. Plötzlich fiel es ihr viel leichter, bei jedem Wetter nach draußen zu gehen. Woche für Woche erweiterte sie die Spazierstrecke ein wenig, mal mit dem Kinderwagen, mal mit der Trage. Natürlich achtete sie stets darauf, dass es Jonas nicht zu viel wurde.

Zwischen der Anmeldung zum Mammutmarsch und dem eigentlichen Start lagen ungefähr drei Monate. In dieser Zeit machte sich Anna Gedanken über ihre Fähigkeiten und zweifelte gelegentlich an sich selbst. Sie hatte Respekt vor der bevorstehenden Langstreckenwanderung, doch sie ließ sich nicht entmutigen. Sie wusste, dass ihr Körper eine große Veränderung durchgemacht hatte und dass es nicht ihr Ziel war, sich zu überanstrengen und sich selbst kaputt zu machen. Denn schließlich hätten darunter sowohl sie als auch der kleine Jonas gelitten.

Anna lässt auf dem Mammutmarsch in München die Seele baumeln.
Anna lässt auf dem Mammutmarsch die Seele baumeln.

Anna war sich bewusst, dass die Energie und Gruppendynamik der anderen Teilnehmer sie mitreißen würden. Bereits 2019 hatte sie an einem ähnlichen Marsch in Nürnberg teilgenommen und die positive Erfahrung gemacht, dass man auch als Einzelgängerin Teil einer großen Gemeinschaft sein kann.

Was macht den Mammutmarsch so besonders?

Der Mammutmarsch ist nämlich eine außergewöhnliche Veranstaltung, die Menschen aus allen Lebensbereichen und Altersgruppen anzieht, die sich gemeinsam der Herausforderung stellen wollen. Vom Hobby-Wanderer bis zum Extrem-Sportler sind alle willkommen, um gemeinsam an ihre Grenzen zu gehen. Das Mindestalter beträgt 16 Jahre, aber nach oben hin gibt es keine Altersbegrenzung. Jugendliche, Erwachsene und Senioren wandern Seite an Seite und unterstützen sich gegenseitig, während sie sich der Herausforderung des Mammutmarschs stellen. 

Die Veranstaltung findet knapp 20 Mal  im Jahr an verschiedenen Orten in Deutschland, Österreich und Dänemark statt. Das Ziel ist es, eine große Strecke von 30, 42, 55, 60 km oder sogar 100 km zu bewältigen. Ein besonderes Motto begleitet den Mammutmarsch definitiv: Das Gemeinschaftsgefühl steht im Vordergrund. Es werden nicht die Ellenbogen ausgefahren, sondern die Hände gereicht. Es geht darum, zusammenzuhalten und einander zu unterstützen. Die Events sind keine typisch wettkampforientierten Sport- oder Lauf-Veranstaltungen. Sie sind zwar eine physische Herausforderung, aber es wird immer die Distanz “zum Gegner gemacht” und niemals der Mit-Wanderer. 

Während des Mammutmarsches konnte Anna zahlreiche Hilfen und Unterstützung erfahren. Die Veranstaltung war bestens organisiert, es gab eine gute Verpflegung und sowohl die Organisatoren als auch freiwillige Helfer standen jederzeit für Fragen zur Verfügung. Entlang der Strecke sind Versorgungspunkte aufgebaut, an denen sich die Teilnehmer an Energiespendern wie Obst, isotonischen Getränken, Kaffee, Kuchen, Riegeln und sogar wärmende Mahlzeiten erfreuen können. Sanitäter stehen ebenfalls zur Verfügung, um im Ernstfall Unterstützung zu leisten. Die sogenannten Edelhelfer als auch die Eventmanager des Teams sind immer bereit Fragen zu beantworten, Anregungen entgegenzunehmen und die Teilnehmer zu motivieren. 

Jedem sein Marsch: Innere Ruhe und Freunde fürs Leben

Anna lernte während des Marsches viele interessante Menschen kennen und es war einfach, ins Gespräch zu kommen. Auf einer so langen Strecke wandert man gemeinsam und teilt Erfahrungen, Geschichten und gegenseitige Motivation. Das Wetter zeigte während des Marsches alle Facetten: Regen, Sonne und Wind. Doch Anna war gut vorbereitet und hatte die passende Ausrüstung dabei. Lediglich die mitgeführten Wanderstöcke erwiesen sich als überflüssig. Auch andere Teilnehmer berichten, dass der Mammutmarsch lebensverändernd ist und sie sich noch nie zuvor so aufgehoben und willkommen gefühlt haben.


Ungefähr bei Kilometer 20 hat mich eine andere Teilnehmerin angesprochen, Daniela, und es hat sich so ein nettes Gespräch daraus entwickelt, dass wir es bis zum Ziel fortgeführt haben. Wir hatten ein ähnliches Tempo und auch mit den Pausen hat es super gepasst. Wir haben uns beide nicht lange aufhalten wollen, für mich waren nur regelmäßige Toiletten-Pausen wichtig (ich muss hier ja nichts schönreden, der Toilettenbedarf ändert sich erstmal nach einer Geburt…).


Bereits vor dem Event spürt man den stark integrativen Charakter der Veranstaltung. Über eigene Facebook-Gruppen und mit dem Supportteam wird sich ausgetauscht, Fahrgemeinschaften gebildet und Erfahrungen geteilt. Während des Marsches finden sich unterschiedliche Menschen zusammen, ermutigen und motivieren sich gegenseitig und es entstehen tiefgründige Gespräche. Obwohl jeder seinen eigenen Weg wandert, findet man leicht Gesprächspartner während der langen Strecke. Einige Teilnehmer genießen es, ihre Lieblingsmusik zu hören und in ihrem eigenen Rhythmus zu wandern, während andere in großen Gruppen zusammenfinden und sich aktiv austauschen. So auch Anna. 

Anfangs hörte sie ein Hörbuch und legte ein gutes Tempo vor. Doch nach etwa 20 Kilometern sprach sie eine andere Teilnehmerin namens Daniela an und es entwickelte sich ein nettes Gespräch. Sie hatten ein ähnliches Tempo und verstanden sich gut, sowohl beim Wandern als auch bei den Pausen. Besonders an den Verpflegungspunkten spürt man die Liebe und Hingabe der gesamten Organisation. Hier treffen sich die Teilnehmer, knüpfen Kontakte und finden Freunde fürs Leben. Anna machte regelmäßige Toiletten-Pausen, was nach einer Geburt verständlich ist.

Als Frau und Mutter über sich hinaus gewachsen

Insgesamt war der Mammutmarsch eine großartige Erfahrung für Anna. Sie erreichte ihr Ziel von 55 km und freut sich bereits auf die nächste Veranstaltung. Vielleicht wird sie eines Tages sogar den Mut aufbringen, sich an die 100 km heranzuwagen. Der Mammutmarsch hat ihr gezeigt, dass sie trotz der Herausforderungen, die das Leben ihr entgegen wirft, stark und entschlossen ist. Sowohl körperlich als auch seelisch hat Anna nach der extremen Schwangerschaft und dem belastenden Geburtserlebnis enorme Fortschritte gemacht. Durch den Mammutmarsch hat sie eine neue Stärke in sich entdeckt, die ihr hilft, auch in anderen Lebensbereichen mutig voranzuschreiten.

Heute geht es Anna und ihrem Kind, Jonas, sehr gut. Sie haben eine enge Bindung aufgebaut und unterstützen sich gegenseitig in ihrem Wachstum. Anna hat die Ängste und Unsicherheiten der Schwangerschaft und Geburt verarbeitet und gelernt, sich nicht von negativen Erinnerungen beeinflussen zu lassen. Sie konzentriert sich auf die positiven Aspekte und schätzt die Momente der Freude und des Glücks, die sie als Mutter erlebt.

Anna und Jonas geht es heute sehr gut. Sie sind beide wohlauf und glücklich.

Der Mammutmarsch hat Anna gezeigt, dass sie über sich hinauswachsen kann. Die Energie und Motivation der anderen Teilnehmer haben sie mitgerissen und ihr gezeigt, dass sie gemeinsam mit Gleichgesinnten große Ziele erreichen kann. Die Erfahrung des Mammutmarsches hat sie darin bestärkt, dass sie jede Herausforderung meistern kann, wenn sie nur den Mut und den Willen dazu hat.

Anna hat aus dieser Erfahrung gelernt, dass es wichtig ist, sich selbst nicht zu unterschätzen und immer wieder neue Ziele zu setzen. Der Mammutmarsch war ein Wendepunkt in ihrem Leben, der ihr gezeigt hat, dass sie stark, fähig und bereit ist, Grenzen zu überwinden.

Neue Herausforderung warten jeden Tag

Mit einem Lächeln im Gesicht und einem Gefühl der Zufriedenheit blickt Anna nun auf die Zukunft. Sie ist stolz auf das, was sie bereits erreicht hat, und voller Vorfreude auf kommende Abenteuer. Und wer weiß, vielleicht wird sie sich schon im kommenden Jahr der Herausforderung 100 KM Extremwanderung beim Mammutmarsch stellen. Für Anna gibt es keine Grenzen mehr, denn sie hat gelernt, dass sie eine starke und mutige Frau ist, die alles erreichen kann, was sie sich vornimmt.


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