In der 26. Lebenswoche ist das Baby nun stattliche 6 Monate alt. In dieser Zeit lernen Babys, dass es unterschiedliche Distanzen zwischen Objekten geben kann. So natürlich auch zwischen dem Baby und der Mutter. Und dieser Umstand macht die Kleinen sehr schnell unruhig. Der 5. Wachstumsschub geht daher mit einer extremen Klammerphase einher. Wo Mamis vorher mal schnell zur Toilette konnten, ohne dass das Baby sichtlich reagierte, wird nun mit Schreien und Weinen der Sichtkontakt deutlich eingefordert.
Meine Tochter lag vormittags immer im Wohnzimmer auf ihrer Krabbeldecke und spielte. So konnte ich in aller Ruhe den Haushalt erledigen. Von einem auf den anderen Tag (sie war damals genau 25 Wochen alt) schrie sie wie am Spieß, sobald ich den Raum verließ und außer Sichtweite war. Ich war leicht verzweifelt und machte drei Kreuzzeichen, dass ich mein Tragetuch hatte, und sie einfach überall hin mittragen konnte.
Die Fremdelphase: Papa der fremde Mann
Kommen Fremde auf das Baby zu, reicht oftmals ein Blick oder ein “Hallo”, um eine erneute Schrei-Attacke auszulösen. Selbst vertraute Personen wie Papa, Oma oder Opa, werden jetzt angeschrien und dürfen nur mit Sicherheitsabstand Kontakt aufnehmen. Diese Erfahrung frustriert nicht nur Papa und die Großeltern, sondern auch Mütter, da sie keine Minute ohne ihr Baby verbringen können. Selbst einfache Dinge wie das Duschen, werden zu einer Lebensaufgabe. Wirklich sehr viele Babys (aber nicht alle) haben um die Zeit des fünften Wachstumsschubs eine intensive Fremdelphase.
Der fünfte Wachstumsschub dauert um die vier Wochen. Der Beginn liegt meist zwischen der 22. und 23. Lebenswoche und endet nach der 26. oder 27. Woche.
Das Baby erkennt nun den Unterschied zwischen Nähe und Distanz
In dieser Entwicklungsphase lernen eure Kinder “Zusammenhänge” herzustellen. Sie verstehen nun, dass Dinge in räumlicher Distanz zueinander stehen. Diese bleibt entweder kontinuierlich gleich (was ihnen Sicherheit gibt), oder aber verändert sich, in dem z.B. die Mutter den Raum verlässt (was sie verunsichert und ängstigt). Wird der Abstand zu groß, weint das Kind, weil es sich hilflos und alleine fühlt und scheinbar nichts an dieser Situation ändern kann.
Das Weinen, um die Distanz zwischen sich und der Mutter zu verringern, und den Kontakt wieder herzustellen (z.B. die Mutter kommt zurück in den Raum), ist ein folgerichtig angewandter “Zusammenhang”. Damit wollen Babys uns aber weder manipulieren, noch werden sie verwöhnt, wenn man ihrem Bedürfnis nachgeht. Denn ihre Reaktion (das Weinen) wird durch das Bindungsbedürfnis aktiviert, das Alarm schlägt, sobald die Bezugsperson nicht mehr in Reichweite zu scheinen mag.
Kinder provozieren nicht – sie erforschen neue Zusammenhänge
Eine weitere neue Errungenschaft ist die Erkenntnis, dass eine Handlung eine weitere verursachen kann. Wird zum Beispiel an einem Spielzeug ein bestimmter Knopf gedrückt, fängt die Musik an zu spielen, oder ein Licht blinkt. Zu diesem Zeitpunkt beginnt ein Spiel, das viele Eltern als Provokation interpretieren:
Das Baby sitzt im Hochstuhl und lässt immer wieder einen Löffel, Becher oder das Spielzeug auf den Boden fallen. Wird dieser aufgehoben, landet er nach kurzer Zeit wieder auf dem Boden.
Das ist aber weder als Provokation gedacht, noch eine böse Absicht. Das Kind hat nur erkannt, dass der Gegenstand, den es gerade fallen gelassen hat, auf den Boden fällt und ein Geräusch produziert. Es hat also den Zusammenhang zwischen fallen lassen und Geräusch erkannt. Toll, oder?
Im Video: Kinder mit Hunden nicht alleine lassen.
Der 5. Wachstumsschub: Tipps für den Alltag
Auch in diesem Schub kann ein Tragetuch oder eine Babytrage (wie die Manduca), ein hilfreiches Mittel gegen weinerliche und ängstliche Babys sein. Wenn man zum Beispiel den Haushalt erledigen möchte, ist es oft der letzte rettende Anker, um durch den Tag zu kommen.
Spielzeuge, welche zu einer Handlung auffordern, sind genau das richtige für euer Kind. Wie zum Beispiel der Knopf, den man drückt, damit der schnuffelige Teddy ein Lied vorsingt. Aber auch Alltagsmaterialien, wie Töpfe oder ein Kochlöffel, werden eurem Kind große Freude bereiten.
Da die Kinder nun mit dem Ursache-Wirkungs-Prinzip beschäftigt sind, werden sie an den unmöglichsten Stellen und Orten versuchen, ihre Finger hineinzustecken. Wichtig ist spätestens ab jetzt, die Wohnung kindersicher zu machen! Alle Steckdosen sollten mit einer speziellen Kindersicherung versehen werden. Und auch Topfpflanzen, die in Reichweite stehen, sollten mit einem Gitter geschützt werden, damit das Kind nicht an die Blumenerde gelangen kann.
Tipp: Lest gerne unseren (hier oben) verlinkten Ratgeber zur Kindersicherheit in Haus und Wohnung. Man glaubt kaum, welche Dinge man zunächst nicht im Kopf hat, wenn es um das Gefahrenpotenzial im Haushalt geht.
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Lest hier tiefergehende Details zu den einzelnen Schüben im Babyalter.
Jacqueline ist staatlich anerkannte Erzieherin, Fachkraft für U3 Betreuung, Inklusions- und Integrations-Pädagogin. Neben ihrer beruflichen Laufbahn, ist sie Mutter von zwei Kindern. Einem Mädchen und einem Jungen. Ihre Wissen und ihre Erfahrung schöpft sie also aus beruflichen und privaten Herausforderungen. Das macht sie zu einer perfekten Autorin für unser Magazin.