Wenn getrennte oder verwitwete Elternteile neue Partner finden, kommen auch die Kinder in ein neues familiäres Umfeld. Manchmal gesellt sich dann noch ein Kind aus der neuen Partnerschaft hinzu – und schon ist die Patchworkfamilie perfekt. Längst sind diese Familienkonstellationen keine Seltenheit mehr.

In Deutschland entstehen – nicht zuletzt durch eine relativ hohe Scheidungsrate – beinahe täglich immer mehr Patchworkfamilien. Dabei gilt diese Familienform längst nicht mehr als Tabuthema. In der Gesellschaft sind die “zusammengewürfelten” Familien akzeptiert und gehören fest dazu.

So entstehen auch immer mehr Großfamilien. Da sind 5-6 Kinder innerhalb der Patchwork-Konstellation keine Seltenheit. Dies sorgt gerade zu Beginn des Patchworklebens für allerhand Trubel und Chaos. Aus zwei Familien konsequent Eine zu machen, ist nämlich gar nicht so einfach. Doch mit viel Geduld, guten Gesprächen und Durchhaltevermögen, kann es durchaus gelingen.

Aller Anfang ist schwer – auch in der Patchworkfamilie

Ist eine Weile nach der Trennung vom alten Partner vergangen, kommt irgendwann der richtige Moment für eine neue Liebe. Mit Schmetterlingen im Bauch scheinen Probleme in weiter Ferne. Wenn sich die neue Beziehung vertieft, kommt automatisch der Wunsch nach einem geregelten Zusammenleben. Doch so einfach ist der Start ins Patchworkleben nicht! Denn zwei verschiedene Familienstrukturen sollen nun zu einer werden. Verschiedene Alltagsabläufe und Charaktere treffen aufeinander und wollen ihre Interessen gewahrt sehen. Da sind Probleme potenziell vorprogrammiert.

Daher sollte gerade der Start in eine Patchworkfamilie gut durchdacht sein. Bevor überhaupt an ein gemeinsames Wohnen gedacht werden kann, müssen sich alle gut kennenlernen. Ansonsten überfordert man nicht nur die Kinder, sondern auch sich selbst. Gemeinsame Unternehmungen, auch gegenseitige Übernachtungen sollten auf dem Plan stehen. Daneben sind intensive Gespräche (das Klären von Situation und Ängsten) das A und O für ein künftiges Zusammenleben. Vorab sollten Regeln, Familienrituale und Alltagsstrukturen besprochen werden. Ein Familienstammtisch kann alle zusammen bringen und schafft Raum, um über Wünsche und Vorstellungen zu reden. Das Aufstellen gemeinsamer Regeln und Konsequenzen, neue Familienrituale und der Ablauf des Tages, sollten vorab bekannt und besprochen sein.

Die perfekte Wohnungssuche

Die erste gemeinsame Wohnung zu suchen, kann eine spannende aber auch nervenaufreibende Sache werden. Gibt es mehr als 3-4 Kinder in der künftigen Patchworkfamilie, ist schon die Zimmeraufteilung eine Sache für sich. Stimmt das passende Kleingeld, ist vielleicht gerade genug da, damit alle ihr eigenes Zimmer bekommen können.

Ist der finanzielle Rahmen etwas enger gesteckt, oder findet sich keine ideale Wohnung, kann es dazu kommen, dass nicht jedes Kind sein eigenes Zimmer bekommt. Und schon wird das noch frische Kartenhaus auf eine harte Probe gestellt. Teilen sich jeweils die gleichgeschlechtlichen Kinder ein Zimmer, oder jeweils die Geschwisterpaare? Diese Fragen solltet ihr möglichst schon ganz individuell VOR der Wohnungssuche klären. Jede neue Konstellation hat schon eine gewisse Dynamik. Offene Gespräche mit den Kindern sind der einzige Weg, um Unmut zu vermeiden, die Intimsphäre jedes Einzelnen zu wahren, und um unausgesprochene Konflikte zu erkennen.


Zu Besuch in einer Groß-Patchworkfamilie


Der neue Alltag

Natürlich ersetzt die Stiefmutter niemals die “richtige” Mutter. Solche Gedanken dürfen nicht zum erzwungenen Anspruch werden. Seht euch als gute Freundin oder als enges “nicht näher betiteltes” Familienmitglied – mit Erziehungsberechtigung. So könnt ihr bei den Kindern am besten Punkten. Jeder muss in der neuen Familie erst einmal seine Rolle finden. Und das geschieht am besten im natürlichen Alltag. Wahrscheinlich wird der Anfang etwas holprig werden, müssen sich doch alle beteiligten daran gewöhnen, dass das Bad morgens in Dauerschleife belegt ist. Auch das gemeinsame Frühstück muss vielleicht etwas früher starten. Aber keine Sorge – Zeit schafft Routine!

Das Leben mit neuen Geschwistern

Kinder reagieren sehr unterschiedlich, wenn sich die eigene kleine Familie mit einer anderen vermischt. Die einen mögen den neuen Mann an Mamas Seite auf Anhieb, und freuen sich auf ein Zusammenleben. Andere werden zu “Giftzwergen“, weil sie den neuen Partner emotional nicht im geringsten akzeptieren können.

Doch in beiden Varianten stehen sie neuen Geschwistern grundsätzlich recht kritisch gegenüber. Kinder befürchten, dass sie wertvolle Zeit mit ihrem verbliebenen leiblichen Elternteil, mit anderen Kindern teilen müssen. Es kommt daher häufig zu rivalisierendem Verhalten, welches man nur selten völlig vermeiden kann. Hier heißt es, offen über Gefühle und Ängste zu sprechen.

Gemeinsame Unternehmungen können das neue Gefüge zusammenschweißen. Man entdeckt ähnliche Interessen, hat Dinge über die man sich zu Hause unterhalten kann, oder vielleicht sogar nachspielt. Aber auch ganz intime Ausflüge mit dem leiblichen Elternteil sind enorm wichtig! Dieses sensible Band will weiterhin gepflegt werden.

Gemeinsam Familie leben

Sind die ersten Hürden des Kennenlernens und die erste Zeit des Zusammenlebens überwunden, wächst die neue Familie enger zusammen. Es entwickeln sich gemeinsame Rituale und der Alltag erhält Kontinuität und Struktur. Und trotzdem läuft, wie bei einer traditionellen Kernfamilie, natürlich nicht immer alles glatt. Auch in Patchworkfamilien haben die Eltern mit Eifersucht unter Geschwistern, Kabbeleien um Spielzeuge, Schulstress und mit verschiedensten Entwicklungsphasen der Kinder zu kämpfen. Der geladenen Power mehrerer Kinder will erstmal standgehalten werden.

Wenn sich Patchworkeltern bewusst darüber im Klaren sind, dass Patchwork ein besonderer Zusammenhalt bedeuten kann, wird man diese Herausforderung glänzend meistern, und ein sehr abwechslungsreiches Leben genießen können.


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