Immer mehr Familien leben ihren Alltag als Patchworkfamilie. Das bedeutet zeitgleich, es gibt immer mehr Männer, die die Rolle des Stiefvaters einnehmen. Sie unterstützen ihre Partnerin in Erziehung und Versorgung der Kinder, und leben den normalen Familienalltag mit ihnen. Doch was genau darf ein Stiefvater? Gleiches gilt natürlich auch im Fall einer Stiefmutter. Welche Rechte und Pflichten haben Stiefeltern im Familienalltag? Wir klären euch auf.
Stiefvater erst mit der Hochzeit
Patchworkfamilien sind in der Gesellschaft keine Seltenheit mehr. Immer mehr Familien leben dieses Modell, bei dem ein Elternteil mit seinen Kindern und einem neuen Partner zusammenlebt. Das Zusammenleben läuft dabei häufig wie bei herkömmlichen Familien ab. Das Elternteil sowie der Partner kümmern sich gleichberechtigt um die Kinder, erziehen und versorgen sie. Laut Gesetz hat der Stiefvater jedoch erst Rechte und Pflichten gegenüber den Kindern, wenn die Partner verheiratet sind, oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben.
Das “kleine” Sorgerecht
Das Sorgerecht eines Kindes liegt in den meisten Fällen bei der Mutter sowie dem Vater eines Kindes. Der Stiefvater erhält auch mit der Hochzeit kein Erziehungs- oder Sorgerecht für seine Stiefkinder. Da viele Stiefväter trotzdem in der Erziehung und der Versorgung der Kinder eingebunden sind, kann das in alltäglichen Situationen dazu führen, dass sie nur eingeschränkt Handlungsfähig sind. Doch da hat das Gesetz eine gute Alternative parat, das “kleine Sorgerecht”. Nach §1687b des Bürgerlichen Gesetzbuches, kann die Mutter ihrem Partner das “kleine Sorgerecht” übertragen. Mit diesem darf der Stiefvater über alltägliche Dinge entscheiden, die keine schwerwiegenden Auswirkungen auf die Entwicklung seines Stiefkindes haben.
Alltägliche Entscheidungen im Sinne des „kleinen Sorgerechts“ sind unter anderen:
- Wie lange darf ein Kind bei Freunden bleiben?
- Wann und wohin sollte es zum Arzt gehen?
- Wann geht es zu Bett?
- Wie hoch ist das Taschengeld?
Außerdem darf ein Stiefvater mit dem “kleinen Sorgerecht” Entschuldigungen für die Schule verfassen und Klausuren unterschreiben.
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Folgende Punkte zählen nicht in den Ermessensspielraum des Stiefvaters:
- Welche Schule oder Kindergarten besucht das Kind?
- Welcher operative Eingriff wird durchgeführt?
- Eröffnung von Sparbüchern und Bankgeschäfte
- Darf ein Kind Tattoos und Piercings haben?
Besuchsrecht bei einer Trennung
Leider kommt es immer wieder vor, dass sich auch Eltern einer Patchworkfamilie trennen. Da der Stiefvater zwar eine Bezugsperson für das Kind ist, aber nicht leiblich verwandt, hat er laut Gesetz kein Umgangsrecht. So kann er den Kontakt zu seinem Stiefkind nicht verlangen. Dient der Kontakt jedoch dem Kindeswohl, kann ihm ein Gericht, ein Besuchsrecht einräumen. Natürlich ist zu hoffen, das ein Besuchsrecht nicht gerichtlich geklärt werden muss.
Desto länger ein Kind mit seinem Stiefvater aufgewachsen ist, umso wichtiger wird dieser als Bezugsperson. In solchen Fällen ist es sinnvoll den weiteren Kontakt zwischen ihnen zu fördern.
Das Erbrecht
Da Stiefvater und Stiefkind vor dem Gesetz nicht miteinander verwandt sind, ist das Kind im Todesfall des Stiefvaters nicht erbberechtigt. Es erbt also nicht automatisch den Besitz seines Stiefvaters. Damit ein Stiefkind erben kann, muss dies vorab in einem Testament oder Erbvertrag notariell beurkundet werden. Was, wieviel und in welcher Reihenfolge geerbt wird, kann dort genau festgelegt werden.
Die Verbleibensanordnung
Sollte die Mutter der Stiefkinder frühzeitig sterben und die Kinder sind zum Zeitpunkt des Todes minderjährig, kann das Stiefkind in bestimmten Fällen beim Stiefvater verbleiben, auch wenn der andere Elternteil das Sorgerecht hat. Das Gericht kann eine sogenannte Verbleibensanordnung aussprechen. Die berechtigt den Stiefvater, seine Stiefkinder bei sich zu behalten. Meist ist diese Anordnung jedoch nur befristet. Sie dient dazu, dem Kind den Wechsel und Umzug zum anderen Elternteil zu erleichtern.
Wie lange diese Verbleibensanordnung bestehen bleibt, ist Fall abhängig und kann äußerst unterschiedlich ausfallen.
Da ein Stiefvater mit seinem Stiefkind nicht verwandt ist, ist er diesem nicht unterhaltspflichtig. Mit dem Bund der Ehe, hat er sich jedoch dazu verpflichtet, seine Partnerin bei der Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht zu unterstützen. Das bedeutet, dass man dem Stiefvater als Ehepartner zumuten kann, stärker für gemeinsame Kosten, wie Miete und Nahrungsmittel aufzukommen, damit seine Partnerin den Unterhalt für ihr Kind aufbringen kann. Die finanzielle Unterstützung und Unterhaltspflicht ist somit nur indirekt.
Jacqueline ist staatlich anerkannte Erzieherin, Fachkraft für U3 Betreuung, Inklusions- und Integrations-Pädagogin. Neben ihrer beruflichen Laufbahn, ist sie Mutter von zwei Kindern. Einem Mädchen und einem Jungen. Ihre Wissen und ihre Erfahrung schöpft sie also aus beruflichen und privaten Herausforderungen. Das macht sie zu einer perfekten Autorin für unser Magazin.